Projekte zur Restauration alter HiFi und High-End Geräte
Autor: tegeje
Hifi und High-End Geräte seit den 1960 - 1990 Jahre interessieren mich besonders. Diese Geräte restauriere ich mit Leidenschaft, großer Neugier und Ausdauer.
Darüber hinaus betreibe ich Ausdauersport, indem ich regelmäßig Marathon laufe und mich soweit Fit halte, um auch weiterhin bei der Freiwilligen Feuerwehr Schnelsen in Hamburg aktiv sein zu können. Besonderen Herausforderungen stelle ich mich bei den Toughest Firefighter Alive (TFA) Wettkämpfen gemeinsam mit dem TFA Team der Feuerwehr Hamburg.
Die BM6 müssen auf Grund ihres Alters restauriert oder repariert werden. Die elekronischen Komponenten: Kondensatoren, Elkos, Relais, Potentiometer, ICs altern oder sollten durch technisch bessere Komponenten ersetzt werden.
Die bei Backes und Müller typische Art der Rückkopplung zur Regelung der Lautsprecherchassis über eine Sensorspule im Schwingspulenkörper stellt den Reparateur vor große Herausforderung auf Grund der sehr hemdsärmeligen Herstellungsweise in den 1970/1980er Jahre.
Die kleineren Modelle von Backes und Müller habe ich bereits im Jahre 2015 intensiv bearbeitet. Mein Bericht dazu findet sich im Forum Aktives-Hören.de
Die Geschichte des Nachbaus startet ein paar Seiten weiter unten.
Reparaturobjekt : Ein HEA Wien Stereo Verstärker 1600, Baujahr 4. April 1968
Hier der Schaltplan aus dem Radiomuseum.
Schaltplan HEA1600
Das Gerät und damit die Bauteile sind inzwischen 54 Jahre alt. Wie im Schaltplan zu sehen ist, besteht die Halbleiterbestückung in der Vorstufe aus zwei Silizium Transistoren (BC109) und ansonsten in Germanium Transistoren.
Für eine sichere zukünftige Funktion müssen auf jeden Fall alle ELKO Kondensatoren ausgetauscht werden. Das Gerät zeigt nach dem Einschalten noch gute Funktionen. Allerdings ist ein starkes Rauschen zu vernehmen. Der linke Kanal streut darüber hinaus aperiodisches Prasseln ein. Die Widerstände sind allesamt Kohlepresswiderstände. Diese Art Widerstände neigt zum Altern und gerade bei Widerstandswerten im Kilo-Ohm Bereich zum Rauschen und ggf. Prasseln.
Metallfilmwiderstände haben dieses Verhalten nicht.
Frontansicht des VerstärkersDie Knöpfe lassen sich nur mit Kraft nach vorne abziehenDie Elkos sind am Ende ihrer Lebenszeit angekommenUndichter ElkoErneuerte Kondensatoren (NOS)
Test
Linker Kanal alter Tranistor ohne Load
Rechter Kanal neuer Transistor ohne Load
Frequency response (from 40 Hz to 15 kHz), dB:
+1.64, -1.42
+1.54, -1.52
Noise level, dB (A):
-61.2
-63.9
Dynamic range, dB (A):
61.5
64.5
THD, %:
0.043
0.468
IMD + Noise, %:
0.675
0.701
Stereo crosstalk, dB:
N/A
N/A
Ca. 60 db Rauschabstand ist deutlich zu schlecht. Auch sind die unterschiedlichen Verzerrungswerte außerhalb der Norm. Der Tausch der insgesamt 38 Widerstände gestaltet sich recht aufwändig, da ich zur Ergebniskontrolle immer nur max. 3 Widerstände ausgetauscht habe und anschließend eine neue Messung durchführte, um zu sehen, ob die Maßnahmen zur Verbesserung der Werte beitragen. Da ebenfalls ein leichtes Knistern/Krachen bei Betätigung der Regler zu vernehmen war, habe ich die Regler ausgelötet und im Ultraschallbad gereinigt. Nach Wieder-Einbau war das Knistern verschwunden. In Summe wurden 38 Widerstände ausgetauscht, alle Elkos durch neue hochwertige Typen ersetzt und die ersten 3 Transistoren gegen modernere und rauschärmere Typen ersetzt.
Für T101/201 und T102/202 wurde je ein BC550C eingesetzt.
Für T103/203 wurde ein AC151 VII (rauscharm) eingesetzt.
Als Ergebnis reduziert sich das Rauschen um mehr als 15 dB ! Nach erfolgreicher Reparatur ging der HEA Verstärker zurück an seinen Besitzer. Bei mir war aber jetzt die Neugier geweckt: Wie gut könnte diese Schaltung mit aktuellen, hochwertigen Bauteilen aufgebaut werden, und was wäre an Verbesserungen zum alten Gerät zu erwarten ?
Aufbau mit neuen Bauteilen
Nach dem Erstkontakt zu einem Verstärker mit Germanium-Transistoren war ich wegen des besonderen Klangs nun doch neugierig geworden. Wie würde sich die „alte“ Technologie mit modernen und hochwertigen Bauteilen machen ? Dazu noch ein stärkeres und stabilisiertes Netzteil, um die doch etwas schmale Leistung zu steigern und ein vernünftiger Trafo.
Eine selbst entworfene doppelseitige Platine, hochwertige Panasonic Kondensatoren, Kiwami oder Dale Widerstände und ein gutes geregeltes Netzteil. Das neue Netzteil liefert ca. 33V stabilisiert. Lediglich bei den Germanium Transistoren muss ich auf alte Lagerware (New Old Stock – NOS) zurückgreifen. Verzerrungen und Rauschen sinken deutlich.
Hier die Messungen des Nachbaus:
Verbesserte technische Daten durch NeuaufbauPrototyp AufbauLautstärkesteller mittels ALPS PotiTalema Trafo 2 * 15V, 25 WattNetzteil mit 3 * 2200uF/63V PufferkondensatorenVerstärkermodul, Pufferung 2200uF/63V doppelseitige PlatineRechter KanalDie grünen sind Kiwami Kohleschichtwiederstande 1%Panasonic 105 Grad, LowESR Typen
Treibertransistoren AC128K/176K matched PairLeistungstransistoren unter der BodenplatteEin und Ausgänge des Prototypen
Entwicklung eines eigenen Boards in EAGLE
Auf Basis der unten aufgeführten Schaltung habe ich mir doppelseitige PCBs in den Abmessungen 100 * 100 mm anfertigen lassen.
EAGLE Schaltung als Basis für das eigene Board
Da die Leistungstransistoren T105 und T107 zur Kühlung auf dem Gehäuseboden verschraubt werden, sind die Anschlüße dafür einzeln herausgeführt. (B, C, E – T105 bzw. T107). Auch der NTC ist über Schraubklemmen an der Unterseite des Boards verbunden und auf das Bodenblech geklebt. Die Anschlüsse POT (IN, OUT, GND) und SIG (IN, VOUT, GND) sind über Schraubklemmen herausgeführt, so dass ein Poti für die Lautstärke oder auch ein Klangnetzwerk (siehe Originalschaltung oben) über diese Anschlüsse angeschlossen werden kann. Auf das Klangnetzwerk habe ich hier im Sinne des unverfälschten Klanges verzichtet.
PCB – BestückungsseitePCB – Lötseite
Part
Value
Device
Package
C1
1uf
WIMA o.ä.
Radial, 5 mm
C2
47uf/25V
Elko
Radial, 2,5 mm
C6
400p
Styroflex
Axial, 7,5 mm
C8
47uf/25V
Elko
Radial, 2,5 mm
C9
1000uf/50V
Elko
Radial 10 mm
C10
470u/25V
Elko
Radial 10 mm
C11
125u/25V
Elko
Radial, 2,5 mm
C12
1000uf/50V
Elko
Radial 10 mm
C13
1000u/50V
Elko
Radial 10 mm
C14
2200u/50V
Elko
Radial 10 mm
D1
BA314
Stabi Diode 0,6 – 0,7 V
DO41-10
NTC
500 R
NTC
P642
R1
39K
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R2
4K7
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R3
2700K
Widerstand Axial 0,25W
12,5 mm
R4
48 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R5
500 R
20Gang Trimmer
Trimmer
R7
1k5
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R8
33k
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R9
10k
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R10
48 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R11
5k6
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R12
330 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R13
560 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R14
1k
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R17
100 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R22
47 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R23
0,5 R
Widerstandsdraht gewickelt
15mm
R26
15 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R27
47 R
Widerstand Axial 0,25W
15mm
R30
0,5 R
Widerstandsdraht gewickelt
15mm
T101
BC550C
NPN , Si Kleinsignal
TO18
T102
BC550C
NPN , SI Kleinsignal
TO18
T103
ACY12
PNP, GE , rauscharm
TO18
T104
AC128K, matched Pair
PNP, GE, Treiberstufe
TO18
T106
AC176K, matched Pair
NPN, GE, Treiberstufe
TO18
T105
AUY20 III
PNP, GE Leistungstransistor
TO-3
T107
AUY20 III
PNP, GE Leistungstransistor
TO-3
Im Ergebnis steigt die Sinusleistung von 6 Watt an 5 Ω auf 10 W an 8 Ω bzw. 15 W an 4 Ω. Der Klang ist sehr ähnlich einem Röhrenverstärker – Klang-qualitativ kann dieses kleine Verstärkerchen prima mit meinen großen QUADs (303, 405 und 606) mithalten.
Der NAD 3020 wurde seit 1978 ca 1,1 Mio. mal verkauft. Diese große Menge ist nicht nur durch den damals sehr günstigen Preis von ca. 380 DM zu erklären. Die mit dem NAD Verstärker erzielte Klangqualität und relative technische Robustheit trug dazu bei, das dieser NAD und seine Nachfolger zu einer Legende wurden. Die britischen Entwickler liessen die Geräte in Taiwan und später in China fertigen, was in den ersten Jahren zu einer relativ hohen Ausfallrate geführt hat. Aber wenn ein Gerät erst mal lief, dann lief es…..
Wer mal einen NAD Verstärker hatte, hat ihn meist lange behalten. Inzwischen sind die Geräte über 40 Jahre alt, damit sind die Alterungserscheinungen auch signifikant für klangliche Verschlechterungen und Ausfälle. Dazu kommen ggf. noch schlechte Haltungsbedingungen (Verschmutzungen und Korrosion), so daß Kanalausfälle, verschlechtertes Wiedergabeverhalten und knisternde Potis eher zum Normalbild gehören, als ein Verstärker, der noch wie am ersten Tag funktioniert.
Katalogbild des NAD 3020
Hier mal ein paar Fotos zum Zeitpunkt des Erwerbs des Gerätes im Januar 2023:
Rückseite mit Soft Clipping SchalterRückseite mit Eingangsbuchsen, besonders schön: Die Wahl für ein MM oder MC PhonosystemBlick ins Innere: Horror !Da ist definitiv eine intensive Reinigung fällig40 Jahre hinterlassen ihre Spuren
Folgende Schritte für die erforderliche Reinigung habe ich durchgeführt:
Zerlegen des Gerätes, um die Hauptplatine waschen zu können:
Aussaugen des Gerätes mit Staubsauger und weichem Langhaarpinsel
Zerlegen des Rahmens, auch die untere Verstrebung
Sämtliche Schraubverbindungen der vorderen Bedienelemente lösen
Entlöten der Verbindungen des Trafos mit der Hauptplatine
Entlöten der dickeren Kondensatoren von der Hauptplatine (alle Kondensatoren größer als 470 uf)
Entlöten der TO-3 Endstufentransistoren
Demontage des Kühlkörpers
Damit lässt sich die Hauptplatine im Stück mit den anhängenden Zusatzplatinen (Kopfhöreranschluß, Leistungsanzeige, Phono-Switch und Lautstärkesteller) zum Waschbecken transportieren. Mit Warmwasser und weicher Bürste oder Zahnbürste lässt sich der gröbste Schmutz entfernen.
Das reicht aber nicht: In einer flachen Schale habe ich die Platine zunächst in Spiritus eingeweicht und dann mit der Zahnbürste oben und unten bearbeitet. Dadurch bildet sich ein weislicher Film auf der Platine, der wiederum mit Isopropanol Alkohol abgespült und gebürstet werden kann. Sämtliche Potis, Buchsen und Schalter wurden mit Kontakt 61 Spray behandelt.
Die Trocknung lässt sich mit einem Fön etwas beschleunigen. Die Endstufentransistoren und Isolierglimmer habe ich im Ultraschallbad gereinigt. Die alte Wärmeleitpaste musste allerdings mit Küchentüchern beseitigt werden.
Nach der Reinigung und dem Austausch der Kondensatoren
Zur Montage habe ich die alten Glimmerplättchen mit neuer Wärmeleitpaste versehen. Auf der gereinigten Platine wurden dann die Kondensatoren von klein nach groß schrittweise ersetzt. In der unten angehängten Liste sind die Positionen der Kondensatoren und ihre Werte aufgeführt, so dass jeder damit seinen Einkauf starten kann.
Die Potentiometer zur Einstellung der Ausgangsspannung (20K Potis) wurden durch Piher 25K Potis ersetzt. Damit liess sich die Ausgangsspannung auf bzw. mV einstellen.
Darüber hinaus habe ich die Lautsprecher Ausgangsklemmen durch Banana Buchsen ersetzt. Um ein Ausbrechen der Platine zu vermeiden habe ich ein Stückchen Plexiglas eingepasst und direkt als Verstärkung auf der Platine verschraubt.
Der Erfolg des Kondensatoraustauschs ist bemerkenswert. Bspw. hat sich der Frequenzgang deutlich linearisiert: